Migrations- und Go-Live-Strategien bei Intranets
Einführung
In der Blogpost-Serie Intranet habe ich mich im ersten Teil mit der Frage beschäftigt, welche Vorteile bietet ein Intranet für das Unternehmen und welche Vorteile bietet es für die Mitarbeitenden. Im zweiten Teil der Serie bin ich genauer auf das Thema Informationsarchitektur eingegangen und habe einige Ansätze und meine Erfahrung damit vorgestellt. In diesem Teil der Serie geht es nun darum, die Ergebnisse der Informationsarchitektur auf die Straße zu bringen: das betrifft Themen wie Migration, Schulung und Rollout.
Auf den Inhalt kommt es an
Nur in den wenigsten Fällen beginnt ein Firmenintranet tatsächlich auf der grünen Wiese. Häufig existieren bereits Ansätze eines Intranets, z. B. geteilte Ordner, Netzwerk-Laufwerke, Wikis, Newsletter Archive, usw. In neuerer Zeit kommen Inhalte von Collaborations-Werkzeugen wie Slack oder TEAMS dazu. Oft besteht bereits sogar ein Intranet, das durch eine modernere Version abgelöst werden soll.
Üblicherweise wird im Rahmen der Informationsarchitektur, siehe Teil 2 dieser Blogpost-Serie, festgelegt, wo und in welcher Form der Inhalt im neuen Intranet abgelegt wird. In der Regel resultiert daraus die Anforderung, den oben beschriebenen, bereits existierenden Inhalt aus verschiedenen Quellsystemen in das neue Zielsystem zu überführen. Dabei kann sowohl der Anspruch bestehen, den Inhalt unverändert wiederzugeben, so dass Anwender keinen oder nur einen geringen Unterschied wahrnehmen. Es kann auch die Anforderung geben, dass der Inhalt zwar inhaltlich übernommen, aber dass er technisch aufbereitet werden soll oder sogar muss – die Rede ist von der Migration bzw. dem Re-Platforming.
Grundsätzlich gibt es drei Optionen für die Migration:
- Die automatische Migration der Inhalte bietet sich am ehesten bei einem Re-Launch von Intranets an, sofern das Quell- und das Zielsystem technisch ähnlich aufgebaut sind.
- Bei der manuellen Migration überführen die Inhaltsverantwortlichen ihren eigenen Inhalt vom Quell- ins Zielsystem.
- Eine Variante der manuellen Migration ist die Migration durch externe Anbieter.
Automatische Migration
Die automatische Migration von Inhalten sollte nur in bestimmten Fällen in Erwägung gezogen werden, nämlich wenn das Quell- und das Zielsystem technisch ähnlich aufgebaut sind. Außerdem setzt diese Option der Migration voraus, dass die Informationsarchitektur unverändert übernommen werden soll und kann. Automatische Migrationen werden häufig von externen Spezialisten vorgenommen und als günstige und schnelle Alternative zur manuellen Migration angepriesen. Ich habe sowohl positive als auch negative Erfahrungen mit dieser Art der Migration miterlebt. Meine Empfehlungen, falls eine automatische Migration in Betracht gezogen wird, sind:
- Man sollte die Arbeit den Spezialisten überlassen; firmeneigene IT-Abteilungen haben meistens Generalisten, aber keine Migrations-Spezialisten
- Auch Spezialisten machen mal Fehler: ich würde mir ausreichend Zeit nehmen für Testläufe und für die anschließende Kontrolle der zu Testzwecken migrierten Inhalte
- Automatische Migrationen sind zwar schnell und günstig, man darf aber die Folgekosten nicht unterschätzen!
Manuelle Migration
Der Hauptfaktor der manuellen Migration ist die Zeit und damit verbunden die Kosten. Wird die Migration durch die eigenen Mitarbeitenden vorgenommen, müssen diese zuerst für das neue Zielsystem geschult werden. In der Regel bedarf die manuelle Migration durch Mitarbeitende regelmäßiger Unterstützung durch Experten (Beratung, Kontrolle, etc.), was einen Flaschenhals darstellt. Dadurch werden manuelle Migrationen oft phasenweise durchgeführt. Bei großen Firmen erlaubt dieses Vorgehen die Berücksichtigung von z.B. typischen Ferienzeiten. Allerdings wird auf diese Weise das ganze Projekt in die Länge gezogen. Zusätzlich muss ggf. der Mehraufwand durch parallele Betreuung des Quell- und des Zielsystems berücksichtigt werden. Die Zeit des Content-Freeze ist deutlich länger als bei der automatischen Migration. Meiner Erfahrung nach ist die Qualität des Inhalts einer manuellen Migration immer besser als die der automatischen Migration.
Migration durch einen Dienstleister
Der Königsweg ist die Migration, die durch einen externen Anbieter durchgeführt wird. Idealerweise ist der externe Partner bereits auf dem Zielsystem geschult und er wurde schon in der Phase der Informationsarchitektur eingebunden. Bei dieser Art der Migration bleibt es dem Dienstleister überlassen, ob er die Migration vollständig oder teilweise automatisch durchführt oder ob sie durch Beschäftigte des Dienstleisters durchgeführt wird. Diese Variante der Migration dürfte allerdings die größten direkten Kosten verursachen. Und auch hier gilt, die Ergebnisse müssen regelmäßig kontrolliert werden.
Das Schulungs- und Trainingskonzept
Zur Einführung eines (neuen) Intranets gehört immer auch ein Schulungs- oder Trainingskonzept. Das Schulungskonzept sollte mindestens die folgenden Personengruppen abdecken:
- Administratoren / Entwickler der firmeneigenen IT-Abteilung
- Redakteure / Inhaltsverantwortliche
- Endanwender / alle Mitarbeitende
Gegebenenfalls sind weitere Personengruppen zu berücksichtigen, z. B. Mitarbeitende der internen Kommunikation, Content Manager.
Normalerweise ist die firmeneigene IT-Abteilung schon vor dem Go-Live ins Projekt eingebunden. Die Schulung der verantwortlichen Administratoren geschieht daher entweder „on the fly“ oder in speziellen Trainings. Es empfiehlt sich, schon während der Projektlaufzeit ein internes IT-Wiki anzulegen, so dass neue IT-Kollegen schnell an Bord geholt werden können. Außerdem ist bei Projektende auf eine ordentliche Übergabe zu achten, speziell wenn während des Projekts vom externen Partner kundenspezifische Lösungen entwickelt wurden (Dokumentation!).
Das Schulungskonzept für Inhaltsverantwortliche hängt u. a. davon ab, wie das Einstellen von Inhalten ins Intranet organisiert ist.
- Bei Social-Intranets oder bei Intranets auf Wiki-Basis darf u. U. jeder Mitarbeitende Inhalte einstellen.
- In den meisten Fällen sind es Inhaltsverantwortliche aus den jeweiligen Bereichen, die die Inhalte einstellen.
- In wenigen Fällen gibt es dezidierte Pools von Redakteuren, deren Hauptaufgabe darin besteht, Inhalten ins Intranet einzustellen.
Häufig handelt es sich bei den Inhaltsverantwortlichen des Intranets größtenteils um Assistentinnen und Assistenten aus den jeweiligen Unternehmensbereichen. Dieser Personenkreis hat in der Regel weder einen technischen Hintergrund, noch Expertise in der Aufbereitung und Gestaltung von Intranet-Inhalten. Er muß daher intensiv geschult werden. Ich habe gute Erfahrungen mit Präsenz-Trainings für Inhaltsverantwortliche gemacht. Den Teilnehmenden wird dabei in einer Tagesschulung das notwendige Basiswissen zum Bearbeiten von Inhalten im Intranet vermittelt. Abgerundet wird das Training durch ein Online-Handbuch, das alle Funktionen des Intranets abdeckt. Zum Trainingskonzept gehört auch eine Spielwiese, in der jeder Teilnehmende (auch nach dem Training!) Dinge ausprobieren und testen kann. Die Teilnahme am Training ist die Voraussetzung, um die Schreib-Berechtigung fürs Intranet zu bekommen. Auf diese Weise stellt man ein Mindestmaß an Qualität der Inhalte sicher und reduziert zugleich den Supportaufwand. Sehr gute Erfahrungen habe ich auch mit Beispielseiten gemacht, die die häufigsten Anforderungen abdecken und die als Vorlage dienen können.
Sind die Inhaltsverantwortlichen in Pools organisiert oder gibt es Mitarbeitende, die sich hauptberuflich um Inhalte im Intranet kümmern (z. B. Redakteure von der internen Kommunikation, Power User, etc.), dann kann es sinnvoll oder erforderlich sein, weitere Schulungen zu spezifischen Themen anzubieten, beispielsweise zu folgenden Themen:
- Die Verwendung von Templates
- Automatisierung von Prozessen
- Integration von Daten aus Drittsystemen
- Gestaltung und Design
- Minimieren des Pflegeaufwands der Inhalte
Weitere Aspekte des Schulungskonzept sind die Bildung einer Community und professioneller Support. Bei einer ausreichend großen Anzahl an Inhaltsverantwortlichen kann es sinnvoll sein, eine Community zu etablieren. Eine Community vereinfacht die Ansprache aller Inhaltsverantwortlichen, z. B. bei Updates oder Wartung. Eine aktive Community entlastet den Support, da kleinere Probleme direkt durch sie gelöst werden können.
Für Endanwender sollte eigentlich keine Schulung erforderlich sein. Die wichtigsten Funktionen des Intranets sollten intuitiv bedienbar sein. Grundeinstellungen sollten gut gewählt oder besser intelligent gesetzt werden. Ein Flyer mit den absoluten Basics bzw. ein kurzes Erklärvideo kann Teil des Onboarding-Prozesses sein, den es in der Regel bei der Personalabteilung jedes Unternehmens gibt. Um es den Anwendern so einfach und bequem wie möglich zu machen, sollte das Intranet als Startseite des Browsers eingerichtet werden. Wichtiger Hinweis: auch bei firmeneigenen Mobilgeräten darauf achten!
Go-Live!
Bei der Go-Live-Strategie ist der Fantasie (der internen Kommunikation) kaum Grenzen zu setzen. Es ist immer wieder erstaunlich, was den Teams einfällt! Die Hauptfrage, die sich stellt, ist allerdings ob es einen Big-Bang gibt, oder eine schrittweise Einführung („Soft Opening“). In vielen Fällen dürfte die Entscheidung von der Organisation des Projekts abhängen. Werden beispielsweise die Inhalte manuell und in Phasen ins neue System übertragen, dann macht es wenig Sinn, abzuwarten bis alle Phasen beendet sind. Ein weiterer Vorteil der schrittweisen Einführung des Intranets liegt darin, dass man von Schritt zu Schritt an Erfahrung gewinnt. Die Strategie der schrittweisen Einführung erlaubt die Möglichkeit, ausgewählte Anwender als sog. „Early Adopters“ aufzubauen. Solche Anwender können als Multiplikatoren dienen und massiv zur Steigerung der Akzeptanz des neuen Systems beitragen. Vorteile einer Big-Bang-Einführung sind die viel größere Aufmerksamkeit unter den Mitarbeitenden am Tag des Go-Live. Häufig geht so ein Event einher mit aufwändigen Aktionen oder sogar einem Meeting-freien Arbeitstag. Dadurch, dass es praktisch keine Übergangszeit gibt, entfällt der Extraaufwand für die Pflege von zwei Systemen, der sonst u. U. anfallen würde. Für alle Mitarbeitenden ist damit zu jedem Zeitpunkt sichergestellt, welches das führende System ist.
Meiner Erfahrung nach überwiegen die Vorteile eines Big-Bang-Rollouts gegenüber der schrittweisen Einführung. Gute Planung des Ereignisses und entsprechend frühzeitige Kommunikation vorausgesetzt! Bei einer phasenweisen Migration der Inhalte ist darüber nachzudenken, ob man mit einer minimalen Version des neuen Intranets live gehen kann.
Fazit
In diesem Blogpost habe ich Konzepte vorgestellt und mit meinen Erfahrungen angereichert, wie sich Intranet-Inhalte migrieren lassen, welche Aspekte es bei Trainings zu berücksichtigen gilt und wie am Ende der Rollout erfolgen kann.
Intranet Reihe
- Teil 1: „Brauchen wir ein Intranet?“
- Teil 2: Empfehlungen zur Konzeption einer Intranet Informationsarchitektur
- Teil 3: Migrations- und Go-Live-Strategien bei Intranets
- Teil 4: Hinweise zur Verbesserung der Suchergebnisse im Intranet
- Teil 5: „Wem gehört das Intranet?“